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03 Zehn Entenkinder, von muglsabine
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#1
25.10.2018 17:29
von muglsabine2016 • 288 Beiträge | 1583 Punkte
03 Zehn Entenkinder, von muglsabine
in KINDERGESCHICHTEN25.10.2018 17:29
von muglsabine2016 • 288 Beiträge | 1583 Punkte
Die zehn Entenkinder
by Sabine Siebert
Bild entfernt (keine Rechte)
Schon immer hatte das Entenpaar am Weiher in Altomünster gebrütet und ihre Jungen aufgezogen. Doch es wurde immer schwerer, einen schönen Brutplatz zu finden. Im letzten Jahr wären die Jungen beinahe umgekommen, weil sich eine hungrige Fuchsfamilie am Teich aufhielt. In diesem Jahr hatte sich Mutter Ente vorgenommen, ein neues Heim zu suchen.
So sprach sie zu ihrem Mann: „Lass uns ein ruhiges Plätzchen suchen, wo wir unsere Kinder sorgenfrei aufziehen können.“
„Warum denn?“, fragte er. „Alle unsere Freunde leben hier und es ist doch immer gut ausgegangen.“
„Ich will ein neues Nest“, beharrte sie. „Und ich bitte dich, mir bei der Suche zu helfen.“
Der Entenmann schnatterte empört, gab dann aber nach. Nun flogen sie täglich umher und suchten nach einem neuen Heim. Bald hatten sie ein Plätzchen nach ihrem Geschmack gefunden.
„Schau mal“, schwärmte die Ente. „Ein kleines Bächlein mit einem schönen Ufer. Es gibt Sträucher, wo wir uns verstecken und ein Nest bauen können.“
Sie redete so viel auf ihren Mann ein, bis dieser zustimmte.
Gemeinsam bauten sie das Nest und die Entenmutter legte zehn Eier.
Während die Ente brütete, besorgte ihr Mann die Nahrung. Häufig besuchte der Entenvater seine Freunde am Weiher. Einige hatten schon Nachwuchs bekommen.
Als die Zeit des Schlüpfens heranrückte, wurde das Entenpaar immer ungeduldiger. Sie schauten immer wieder nach, ob sich schon was in den Eiern bewegte. Plötzlich, der Entenvater war gerade wieder unterwegs, hörte Mutter Ente, ein leises Knacken und es dauerte nicht lange, da kam ein kleines gelbbraunes Entenjunges aus dem Ei. Kaum war das erste Junge da, knackte es auch in den anderen Eiern und es schlüpften insgesamt neun kleine Entenmädchen. Nur aus dem zehnten Ei war nichts zu hören. Die Ente stupste das Ei mit dem Schnabel, aber nichts tat sich. Die neun Entenkinder kuschelten sich ganz dicht an die Mama. Bei so vielen Kindern hatte Mama Ente zu tun, alle zu wärmen. Auf einmal bewegte sich das letzte Ei. Es war ein Knacken zu hören und schon zeigte sich ein kleiner Schnabel und Nummer Zehn kam aus dem Ei. Es war ein Entenjunge mit außergewöhnlich großen Füßen. Ein Entenjunge und zehn Mädchen. Mutter Ente war überglücklich, als sie ihre zehn Kinder unter die Flügel nehmen konnte.
Noch immer war der Entenvater nicht zurückgekehrt. Die Eltern hatten sich bisher keine Namen für ihre Kinder überlegt. Nun dachte Mutter Ente nach. Die Namen sollten zueinander passen. Aber ihr fielen keine zehn schönen Namen ein. So entschloss sie sich, ihre Kinder in der Reihenfolge, wie sie geschlüpft waren zu nummerieren. So wollte sie sie fortan rufen. Damit sie die Kinder nicht verwechseln würde, musste jedes Junge sich mit seiner Nummer melden und sich diese merken.
„Nummer eins“, meldete sich die Erstgeschlüpfte.
„Nummer zwei“, stimmte die Zweite fröhlich ein.
„Nummer drei“, piepste die Dritte.
„Ich bin die Nummer vier“, gab die Vierte mit kräftiger Stimme bekannt.
„Nummer fünf“, schnatterte die Fünfte.
„Sechs“, meldete sich die Maulfaule.
„Nummer sieben“, piepste aufgeregt die Siebente.
„Nummer acht und Nummer neun“, riefen gleichzeitig ihre Namen.
„Nummer zehn“, sagte der Entenjunge bedächtig.
Nun waren alle Entenküken geschlüpft und hatten mächtigen Hunger. Da Entenkinder sofort schwimmen können, drängten alle zum Wasser. Die Mutter hatte ihre liebe Not, die Kleinen zusammenzuhalten. Es war nicht viel Wasser im Bächlein und es plätscherte lustig vor sich hin. So konnten die Kleinen gefahrlos planschen. Mutter Ente war froh, nicht am Weiher zu sein. Die Kleinen schwammen bereits. Jetzt musste sie ihnen zeigen, was sie fressen durften und wie sie sich das Futter besorgen konnten. Die Entenmama unterrichtete ihre Kinder. Bald ließ sie die Küken ins Nest watscheln, setzte sich drauf und wärmte sie. Langsam ging die Sonne unter und die Nacht begann. Mutter Ente döste vor sich hin. Plötzlich, sie war gerade wieder eingeschlafen, wurde sie von einem leisen Geräusch geweckt. Sie blickte um sich und erschrak. Neben ihr war eine Katze aufgetaucht. Riesengroß und gefährlich wirkte sie. Mutter Ente begann sofort lautstark zu schnattern und mit den Flügel zu schlagen. Mit dieser Aktion hatte die Katze nicht gerechnet. Erschrocken flüchtete sie. Den Rest der Nacht blieb es ruhig. Aber an Schlaf konnte die Entenmutter nicht mehr denken. Und sie fragte sich, wann der Entenvater zurückkommen würde.
Kaum war am nächsten Morgen die Sonne aufgegangen, regten sich die Jungen. Sie hatten Hunger, wollten ins Wasser und schnatterten alle durcheinander. Eigentlich schnatterten nur die Mädchen. Nummer Zehn war ganz ruhig, ein wirklich braver Entenjunge, wie sich später noch herausstellen sollte.
Die Mutter versuchte, den Kindern ein paar Regeln beizubringen.
„Bleibt immer zusammen. Passt aufeinander auf und hört immer auf das, was ich sage.“
„Ja Mami“, antworteten die neun Entenmädchen.
Aber kaum waren sie im Wasser, hatten sie alle guten Vorsätze und Regeln vergessen. Mutter Ente hatte ihre liebe Not. Der Einzige, der immer auf die Mutter hörte, war Nummer Zehn. Aber seine Schwestern hatten schnell erkannt, dass er anders war. Besonders wegen seiner großen Füße hänselten sie ihn. Da wurde der kleine Entenjunge sehr traurig. Er hielt sich abseits von seinen Geschwistern, blieb aber immer in der Nähe der Mutter. Seine Schwestern wollten nicht mit ihm planschen und spielen. So hatte Nummer Zehn viel Zeit und beobachtete alles sehr genau.
Er hatte bemerkt, dass sie nicht die Einzigen am Bächlein waren. Es gab noch weitere Bewohner. Da hatte eine Wasserratte ihren Bau. Ein Bachstelzenpärchen wohnte im Strauch. Und viele Vögel kamen zum Trinken an den Bach. Aber es gab auch Gefahren.
In den Häusern rings um den Bach wohnten nicht nur viele Menschen. Sie hatten auch Katzen und Hunde, die den kleinen Enten gefährlich werden konnten. Man musste immer gut aufpassen. Die Entenmutter hatte viel Arbeit, ständig musterte sie aufmerksam die Umgebung. Nummer Zehn wollte der Mutter helfen. So vergingen die Tage. Tagsüber schwammen die Küken, nachts schliefen alle gut. Die Katzen und Hunde machten einen großen Bogen um das Nest, weil sie gehört hatten, dass die Entenmutter jeden vertreiben würde, der ihren Kindern zu nahe käme. So lebte die Entenfamilie ungestört am Bächlein.
An einem Tag jedoch begann es zu regnen. Erst fiel der Regen ganz sanft und die kleinen Enten fanden das sehr lustig. Der Regen kitzelte sie und die Tropfen perlten von ihrem Gefieder ab. Viele Stunden später regnete es aber immer noch und wurde schlimmer. Zwei volle Tage und Nächte schüttete es schließlich. Immer mehr Wasser floss in dem kleinen Bächlein. Und noch immer wollte der Regen nicht aufhören.
Mutter Ente ließ die Kleinen nicht mehr ins Wasser. Es war zu gefährlich. Das Wasser gurgelte an manchen Stellen kräftig und es bildeten sich kleine Strudel. Mutter Ente bekam langsam Angst, dass der Bach das Nest bald davon reißen könnte. Die Kinder mussten es deshalb verlassen und sich oberhalb der Böschung ein geschütztes Plätzchen suchen. Sie kauerten dicht aneinander und hofften, dass der Regen bald aufhören würde. Die Nacht kam und die Kleinen wurden schläfrig.
Plötzlich passierte es.
Nummer Vier träumte schlecht, schrak hoch, rutschte aus und fiel in den reißenden Bach. Eine Welle riss die Kleine mit sich. Sie drehte sich wie ein Kreisel und schaffte es einfach nicht, ans Ufer zu gelangen.
„Hilfe, Hilfe!“, schrie sie ganz aufgeregt.
„Ich komme, halte durch!“, rief die Mutter und sprang ins Wasser. Kurz darauf erreichte sie Nummer Vier auch und versuchte sie ans Ufer zu schubsen. Doch während Mutter Ente noch mit der Rettung beschäftigt war, hatte sich den anderen Entenkindern schon lautlos eine dicke schwarze Katze genähert. Gerade wollte sie sich Nummer sieben schnappen, da schoss Nummer zehn hervor und trat der Katze mit seinen großen, inzwischen auch schon recht kräftigen Füßen voll auf die Nase. Die Katze miaute laut und wich erschrocken zurück, wollte aber noch nicht aufgeben. Also wagte sie sich erneut vor. Nummer zehn nahm Anlauf und versetzte der Mieze einen weiteren und gleich hintennach noch einen Tritt.
Inzwischen hatte es Mutter Ente endlich geschafft Nummer vier wieder ans sichere Ufer zurück zu bringen. Ziemlich erschöpft kehrte sie mit der Kleinen zurück zum Nest.
Erst jetzt sah auch sie die Katze und erschrak ganz fürchterlich. Sogleich wollte sie ihre Kinder retten. Doch noch ehe sie dazukam, sah sie wie mutig ihr Sohn seine Schwestern verteidigte. Sah, wie geschickt er den Störenfried mit seinen Quadratlatschen attackierte und damit sogar verjagte. Sie konnte es kaum glauben. Überglücklich und mächtig stolz auf ihren Jungen nahm sie ihren Sohn unter ihre Flügel. Langsam wurde nun auch den anderen Entenmädchen bewusst, dass die Gefahr vorüber war und das allein ihrem Bruder zu verdanken hatten.
Nummer Sieben reagierte zuerst.
„Danke, dass du mich gerettet hast“, piepste sie kleinlaut. „Entschuldige, dass ich dich wegen deinen großen Füßen so oft ausgelacht habe. Das war nicht ok.“
„Ja, stimmt, dass war nicht nett von uns“, schloß sich Nummer eins sogleich an. „Ich hätte dich nicht hänseln dürfen.“
„Und ich auch nicht. Ebenso ich nicht“, schnatterten da jauch schon alle Entenmädchen durcheinander.
„Nur mit deinen großen Füßen hast du das geschafft.“
„Schon gut“, antwortete Nummer zehn. „Ich bin euch nicht böse. Lasst uns ab heute einfach alle zusammenspielen.“
Die Schwestern nickten und kuschelten sich alle ganz eng an ihren Bruder. Bald schliefen sie erschöpft aber glücklich ein. Nur Mutter Ente hatte weiterhin ein wachsames Auge auf alle Kinder.
Über Nacht hatte der Regen endlich aufgehört und nachdem es auch am nächsten Tag nicht mehr regnete, floss das Wasser schnell ab, so dass die Entenfamilie bald wieder ihr altes Nest beziehen konnte. Es dauerte nicht lange da durften die Kinder auch schon wieder ins Wasser. Es machte so viel Spaß zu planschen. Besonders ausgelassen tobte Nummer Zehn, der nun von allen beachtet und sehr geliebt wurde. Er war der Held. Mit seinen großen Füßen machte er Wellen und spritzte seine Schwestern nass. Und sie piepsten vor Vergnügen. Am übernächsten Morgen lud Mutter Ente die Kinder schließlich zu einem Ausflug ein. Das Wasser hatte kleine Seen auf den Wiesen entstehen lassen und dorthin wollte sie mit den Küken. Mutter Ente schwamm voraus, dann folgten die Mädchen und die Aufsicht am Schluss übernahm Nummer Zehn. So gut beschützt, kamen sie ohne Probleme zum Teich. Dort war es sehr schön und bis zum Mittag waren sie sogar alleine.
Plötzlich kam eine Ente im Sturzflug daher und landete direkt vor ihnen.
Überrascht rief die Entenmama: „Schaut mal, euer Vater ist da!“
Aufgeregt schwammen die Kinder zu ihm.
„Ihr seid aber groß“, staunte der Vater.
„Wo warst du?“, fragte Nummer vier.
„Ich war am Weiher um alte Freunde zu besuchen. Doch dann habe ich mich auf dem Rückweg im Unwetter verflogen und nicht mehr heimgefunden. Wie bin ich froh euch endlich gefunden zu haben.“
Er schwamm ganz nah an seine Frau heran und sagte: „Die Kinder sind großartig.“
„Ich bin froh, dass du wieder da bist“, antwortete die Entenmama. Sie erzählte ihm alles, was bisher geschehen war, auch ein bisschen vorwurfsvoll zwischendurch. „Wir haben dich so vermisst, viel zu lange warst Du fort“, schloss sie dann.
„Ja, ich weiß. Und es tut mir wirklich sehr leid. Jetzt verlasse ich euch nie wieder. Versprochen.“
Gemeinsam schwammen sie bald zu ihrem Nest zurück.
„Es ist ganz schön eng“, meinte der Vater. „Da werde ich wohl morgen anbauen müssen.“
Alle lachten und schliefen glücklich ein.
Die kleinen Enten wuchsen. Als der Sommer zu Ende ging und der Herbst kam, hatten alle zehn beinahe die Größe ihrer Eltern erreicht. Ein aufregender und sehr schöner Sommer voller Abenteuer lag hinter ihnen. Sie waren nun fast erwachsen und würden schon bald eigene Wege gehen. Mutter und Vater Ente waren sehr froh, sie alle zehn groß bekommen zu haben und freuten sich schon auf eine ruhige Zeit danach. Die zehn Geschwister blieben allerdings auch später noch eng befreundet und erzählten auch ihren Kindern noch von der mutigen Tat ihres Bruders.
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zuletzt bearbeitet 01.04.2020 14:37 |
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